OEM

Volkswagen Autoeuropa, Portugal



Begründung der Jury

Der Automotive Lean Production Award in der Kategorie OEM geht im Jahr 2023 nach Portugal. Das Werk Volkswagen Autoeuropa in Palmela überzeugt hinsichtlich ganzheitlicher Verbesserung des Wertstroms, der Umsetzungsgeschwindigkeit sowie der vielen Digitalisierungsprojekte.

Das Werk nimmt sich einiges vor – „Wir sind die schlankste und produktivste Fabrik in der Volkswagen Marke“ – so das Motto. Dieser Ehrgeiz leitet sich aus dem Handlungsfeld „Wettbewerbsfähigkeit“, eines der sechs Handlungsfelder aus der Strategie „Drive The Future“, ab. Das Ziel ist klar: Das Werk für die BEV Zukunft zu positionieren.

Die Kennzahlen sprechen für sich. Der Output konnte in den letzten zwei Jahren bei reduzierter Mitarbeiteranzahl um ca. 10 % gesteigert werden.

Durch die von der Werksleitung initiierten strategischen Projekte ist kein Bereich unverändert geblieben. Hier beweist sich aufs Neue: „Lean ist Chefsache“. Die Value Stream Methodik als strategisches Gestaltungselement spielt bei Volkswagen Autoeuropa eine entscheidende Rolle. Das hohe Commitment der Führungskräfte zum Standort, sowie deren Motivation und Mut, Dinge schnell und unkompliziert umzusetzen, ermöglichen eine nachhaltige Transformation.

Die Veränderung des Fokus auf System Kaizen anstelle von einzelnen Verbesserungen trug wesentlich zu der steigenden Mitarbeiterproduktivität bei. Auf Basis des Makro-Wertstroms wurden Projekte zur Beseitigung der Engpässe und der Steigerung der OEE identifiziert und priorisiert. Darüber hinaus wurde die Resilienz des Wertstroms - das Werk hat „VUCA“ als feste Einflussgröße in seiner Zukunftsstrategie verankert - durch eine veränderte Steuerung der Puffer zwischen den Gewerken, sowie durch die Reduzierung der Mix-Restriktionen verbessert.

Beeindruckend ist die hohe Anzahl an Verbesserungsthemen mit geringem Invest, sowie hoher Wirksamkeit und deren Implementierungsgeschwindigkeit. Auf dem Shopfloor unter Einbeziehung der Mitarbeiter lassen sich eben die cleveren Ideen generieren und auch schnell umsetzen: Reduzierung der Rüstzeiten im Presswerk, Senkung von Zykluszeiten durch Optimierung der Roboterabläufe und Synchronisierung der Förderanlagen, automatisierte Materialzuführungen im Karosseriebau zur Ersetzung von manuellen Tätigkeiten, sowie viele smarte Karakuri Lösungen insbesondere in der Montage. Der Einsatz von Datenanalysen zur Lösung von komplexen Problemen ist fest in der Organisation verankert. Die Optimierung der Puffer zwischen Rohbau und Lack, sowie Lack und Montage, die Überwachung und Erkennung von Verschwendungen im automatisierten Lager, sowie die Ladezeitenoptimierung der AGVs in der Logistik sind nur einige Beispiele dafür, wie selbstverständlich auf Basis von Zahlen Verbesserungspotenziale ermittelt werden.

Es gibt schnelle Feedback Loops vom Q-Gate zum Fehlerverursacher durch die sofortige Visualisierung der Fehler am Arbeitsplatz. Zudem wurde in den letzten Jahren eine hohe Anzahl an Kamerasystemen installiert – harte Poya-Yoke zur Fehlervermeidung. Die Qualitätssicherungsabteilung verfügt über hochmoderne Mess- und Analysemethoden - 3D Scanner – um Maße und Oberflächentoleranzen zu überprüfen. Die Qualitätskennzahlen haben sich dadurch weiter verbessert.

Zudem hat das Werk viele smarte Lösungen entwickelt, um effizienter mit den aktuell noch unvermeidlichen Fehlteilen umzugehen. Neben der Reduzierung der Mix-Restriktionen und intelligenter Puffersteuerung ist über ein Cockpit die volle Transparenz über Fahrzeuge mit Fehlteilen gewährleistet und ein Tool zur

Priorisierung und Lokalisierung der Fahrzeuge (im Werk und dem Werksgelände) unterstützt die schnelle Nachrüstung der Fahrzeuge.

Die Digitalisierung unterstützt die Strategie des Werkes bei dem Ziel der schlanken Fabrik. Mit dem Digital Value Stream Monitor ist eine Überwachung des gesamten Wertstroms möglich - jederzeit und in unterschiedlichen Granularitäten. Weitere Digitalisierungsthemen sind beispielhaft die Inventur mit einer Drohne, ein Real Time Location System zur Steuerung des Verkehrs im Werk, das digitale Shopfloor Management, sowie die Maintenance App.

Das Werk steht nun vor der Herausforderung, den T-Roc Nachfolger SOP vorzubereiten. Dabei ist das Werk bereits frühzeitig in die Phase Design to Build eingebunden, indem das Fahrzeug digital dem Werk übergeben wurde, um die Montierbarkeit zu prüfen. Mit Hilfe von Virtual Reality lassen sich die Montageprobleme durch praxiserfahrene Mitarbeiter identifizieren. Darauf aufbauend werden die kritischen Teile durch 3D Druck in Haus gebaut, um die Montagefähigkeit endgültig zu verifizieren.

Die Jury ist überzeugt, dass das Werk Volkswagen Autoeuropa bestens auf den neuen T-Roc vorbereitet sein wird. Der Enthusiasmus für Herausforderungen im Allgemeinen und für den neuen T-Roc ist spürbar und die Vergabe des Nachfolgers an Palmela ein Beleg für die gute Arbeit am Standort.



Das Werk

Das Werk Volkswagen Autoeuropa ist 1991 aus einem Joint Venture zwischen Volkswagen und Ford entstanden. Seit 1999 besitzt Volkswagen 100 % der Anteile. Im Werk werden mit knapp unter 5.000 Mitarbeitern der Volkswagen T-Roc produziert. Es handelt sich um ein vollintegriertes Werk mit allen Technologien eines OEMs. In diesem Jahr wurde die erste Million an T-Rocs ausgeliefert. Mit über 230.000 produzierten Fahrzeugen pro Jahr, vorwiegend für den Export, leistet Volkswagen Autoeuropa einen wichtigen Beitrag zum nationalen Warenexport und Bruttoinlandsprodukt. Das Werk bereitet sich aktiv auf den T-Roc Nachfolger vor und signifikante Investitionen sind geplant. In Palmela befindet sich nicht nur der „Home of T-Roc“, sondern auch ein wichtiger Bestandteil des Produktionsverbundes der Komponenten, da das Presswerk 80 % seiner Teile für andere Werke und Marken des Volkswagen Konzerns herstellt. Darüber hinaus verfügt Volkswagen Autoeuropa über einen Werkzeugbau, wo Presswerkzeuge für diverse Fahrzeuge des Volkswagen Konzerns hergestellt werden.


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